"Enter" drücken, um zum Inhalt weiterzugehen

Gentherapie

Seit den achtziger Jahren ist es mit verschiedenen Verfahren möglich das Genom von Zellen zu verändern. Während dieser Zeit wurden neuartige Verfahren entwickelt, die heute ein schnelles und präzises verändern der Gensubstanz ermöglichen. Wie klinische Studien zeigen konnten, könnten in einigen Jahren diese Technologien auch für die Behandlung erblich bedingter Netzhautdystrophien eine wirkungsvolle Therapieoption darstellen. Durch die enormen Fortschritte in der Gensequenzierung können bereits bei über 80 Prozent der Patienten die krankheitsverursachenden Mutationen gefunden werden, die der Ausgangspunkt für die gentherapeutische Behandlung sind.
Bei dem sich abzeichnenden enormen Potenzial und der aufkommenden Euphorie darf jedoch nicht außer Acht gelassen werden, dass es noch verschiedene Schwierigkeiten gibt, die für eine breite Anwendung überwunden werden müssen.

Schwierigkeiten in der Gentherapieentwicklung

Ein großes Problem bei der Gentherapie ist der Transport von gesunder Erbinformation oder modifizierten Genscheren in die zu behandelnden Zielzellen. Hierfür werden zurzeit aufgereinigte Viren verwendet, die mit einer Suspension zwischen Netzhaut und Aderhaut gespritzt werden müssen. Die Folge ist eine Netzhautablösung, die mit einer vorübergehenden Sehverschlechterung einhergeht. Näheres dazu finden Sie weiter unten im Text.
Es werden bereits andere Genfähren untersucht und für eine Anwendung am Patienten optimiert, bei denen die Suspension in den Glaskörper gespritzt werden kann und das ablösen der Netzhaut umgangen wird. Weiterhin kann nicht die Erreichbarkeit der einzelnen Zellen gewährleistet werden. So ist es heute eher dem Zufall überlassen ob die zu behandelnde Zelle vom Virus infiltriert wird oder mehrere Viren in eine einzelne Zelle eindringen.

Welche Verfahren für eine gentherapeutische Behandlung kommen zurzeit für erbliche Netzhautdystrophien infrage?

Die Genersatztherapie wird seit 2008 an Patienten mit einer Mutation im RPE65 Gen in klinischen Studien erprobt und ist daher die am besten erforschte Vorgehensweise. Bei dieser Form der Gentherapie wird ein komplettes Gen zusätzlich in den Zellkern eingeschleust. Es wird bei der Verwendung von Adenoviren nicht in die Chromosomen eingebaut. Eine wichtige Voraussetzung für eine komplikationsfreie Behandlung ist die Verwendung von speziell aufgereinigten Viren. Hierfür werden aus dem Virus krankheitsverursachende Gene entfernt, so dass nur noch leere Transportvehikel übrig bleiben. Dadurch wird zum Beispiel aus einem Grippevirus ein Gentaxi für die Behandlung von Netzhautdystrophien.
Leider lassen sich jedoch die als Erbgut-Transporter eingesetzten AAV (adeno-assoziierte Viren) nur für den Transport kleiner Gene einsetzen. Grund dafür ist die geringe Größe der Viren. Ihnen fehlt für große Gene der erforderliche Platz im Zellinneren. Inzwischen stellen Lentiviren eine gute Alternative dar, da sie bedeutend größer sind und sogar das sehr große ABCA4-Gen transportieren können.

Bei der zweiten Methode der Gentherapie wird eine Genschere benutzt, die zurzeit für eine klinische Anwendung in Vorbereitung ist.

Näheres zu dieser Genschere finden Sie unter dem nachstehenden Link

CRISPR Cas

Wie wird eine Gentherapie im Auge durchgeführt?

Der erste Schritt ist eine Vitrektomie. Hierzu werden ähnlich wie bei einer Bauch-OP drei kleine Ports am Auge angelegt. Durch diese Öffnungen wird dann eine Lichtquelle in das Auge geführt, ein Zugang für den Flüssigkeitstransport geschaffen um den Augendruck aufrecht zu erhalten und das Einführen von Instrumenten ermöglicht. Im nächsten Schritt wird der gallertartige Glaskörper des Auges entfernt und durch eine Flüssigkeit ersetzt. Im Anschluss daran beginnt man mit dem kritischsten Schritt des Eingriffs. Mit einer sehr dünnen Kanüle muss eine Substanz ähnlich einer Salzlösung an eine ganz bestimmte Stelle unter die Netzhaut injiziert werden. Dadurch wird eine Flüssigkeitsblase geschaffen, um den subretinalen Raum für die Behandlung vorzubereiten. Danach werden mit einer ähnlich feinen Kanüle die Viren, die das funktionsfähige Genmaterial in sich tragen, in diese Blase injiziert. Für die gesamte Operation wird weniger als eine Stunde benötigt. Wo injiziert wird ist sehr individuell und hängt von der Erkrankung ab. So wird zum Beispiel bei Chorioideremie Patienten in der Regel unter die Fovea gespritzt, um vorrangig die Zapfen zu erreichen. Bei Patienten mit einer Retinitis Pigmentosa dagegen wird man eher außerhalb der Fovea behandeln, wo eine hohe Stäbchendichte ist. Aber auch das ist von Fall zu Fall neu zu entscheiden.

Wie verändert sich die Sehleistung nach der Gentherapie?

Durch das Ablösen der Netzhaut gibt es auch einen negativen Effekt, der bei den Patienten zuerst zu einer Sehverschlechterung führt. Er ist besonders stark wenn der Bereich der Makula abgehoben wird. Auch bei Chorioideremie Patienten wird die Substanz unter die Makula gegeben, was zu Beginn zu einem starken Sehverlust führt. Nachdem sich die Netzhaut wieder angelegt hat, tritt aber allmählich eine Verbesserung der Sehfähigkeit ein.
Aus Tierversuchen weiß man, dass die Fotorezeptoren durch das Ablösen leiden und sich zurückbilden und es Monate dauert bis sie ihre ursprüngliche Form zurückerhalten.
Trotzdem es Patienten gibt, bei denen sich die Rezeptoren nach dem Eingriff nicht mehr vollständig regenerieren und nicht mehr die ursprüngliche Sehfähigkeit zurückgewonnen wird, ist die Behandlung ein Gewinn, da auf längere Sicht gesehen eine Erblindung verhindert werden kann.

CRISPR/Cas-Eine Revolution in der Genmedizin

Gentherapie bei ABCA4-Mutationen

Gentherapie bei anderen Netzhautdystrophien

Optogenetik