ZSD-Patientenseminar 2017 – ein Kurzbericht
Von Michael Emmerich
Auf dem Weg zur Therapie:
Fünftes Patientenseminar bot umfassendes Themenspektrum vom erholsamen Schlaf bis zur Elektrostimulation!
Für Patienten mit der Diagnose Zapfen-Stäbchen-Dystrophie (ZSD) fand in Soest vom 9. bis 11. Juni zum fünften Mal ein Treffen statt, das von Michael Emmerich organisiert und moderiert wurde.
Nachdem sich am Freitag die 44 Teilnehmer vom Mittagessen gestärkt und gut gelaunt im klimatisierten Seminarraum im Hotel am Wall versammelt hatten, lag eine spürbare Spannung in der Luft. Bis zu diesem Augenblick hatten viele von ihnen noch nie zuvor jemanden kennen gelernt, der genauso wie sie von dieser seltenen Erkrankung betroffen ist und ohne viel Erklärungsbedarf weiß wovon man spricht.
Auch das interessante Programm und die hochkarätigen Referenten beflügelten hohe Erwartungen die nicht enttäuscht werden sollten.
Nachdem Herr Emmerich die Teilnehmer begrüßt und über organisatorisches informiert hatte, wies er auf die Bedeutung des Schlafs hin und auf einen möglicherweise negativen Einfluss der durch das ständige tragen von Kantenfiltergläsern verursacht werden könnte.
Nach dieser kurzen Einleitung begrüßte er den ersten Referenten, Herrn Dr. Blau vom Interdisziplinären Schlafmedizinischen Zentrum der Charité, der aus Berlin angereist war.
Wie Dr. Blau berichtete sind nach neuesten Erkenntnissen vor allem Menschen besonders häufig von Schlafstörungen betroffen deren Sehen stark eingeschränkt ist oder die über keinen Sehrest mehr verfügen.
Da unser Schlaf von einer inneren Uhr gesteuert wird, die regelmäßig Signale von der Netzhaut empfangen muss, wurde allen schnell klar, dass Licht und ein gesunder Schlaf nicht voneinander zu trennen sind.
Für diesen Prozess registrieren spezielle Ganglienzellen der Netzhaut ob es Tag oder Nacht ist. Hierfür benötigen die Zellen vor allem blaues Licht mit einer Wellenlänge von 480 Nanometer oder völlige Dunkelheit.
Sind diese lichtempfindlichen Ganglienzellen des Auges krankheitsbedingt defekt oder erreicht blaues Licht die Netzhaut nicht zu den richtigen Zeiten, könnten dies die Ursachen für eine Schlafstörung sein.
Wie Herr Blau berichtete gibt es bei einem krankhaft veränderten Schlaf- Wachrhythmus seit kurzem eine Behandlungsmöglichkeit mit dem Medikament Tasimelteon.
Bei dieser Erkrankung die auch NON 24 genannt wird, kann durch die abendliche Einnahme einer Tablette das Signal zum Beginn der Nacht gegeben werden um das Pendel unserer inneren Uhr wieder in den richtigen Takt zu bringen.
Als nächstes folgte eine sehr ausführliche und offenherzige Vorstellungsrunde, in der jeder für das mitteilen seiner wertvollen Erfahrungen mit einem Applaus belohnt wurde.
Man berichtete über seinen Krankheitsverlauf, Therapieversuche, Schwierigkeiten mit Kollegen und Freunden, und Unternehmungen oder Aktivitäten, die trotz starker Sehbehinderung viel Freude bereitet haben.
In der verständnisvollen Atmosphäre des Seminars war schnell klar, dass vieles gesagt werden konnte, was für Nichtbetroffene nur schwer nachvollziehbar gewesen wäre.
Viele dieser Impulse konnten von der Diplomkunsttherapeutin Susanne Bla in dem anschließenden gemeinsamen Gedankenaustausch vertieft werden, in dem auch die Angstbewältigung und die Steigerung des Selbstwertgefühls einen wichtigen Platz einnahmen.
Der nächste Tag begann mit einer Zeitreise. Hier wurden die bahnbrechendsten Errungenschaften der Menschheitsgeschichte auf dem Gebiet der Augenheilkunde von Herrn Emmerich kurz skizziert, um das exponentielle Wachstum auf diesem Gebiet zu verdeutlichen. Dabei sorgte er für viel Verblüffung als er beispielhaft für ein derartiges Wachstum ein imaginäres Blatt Papier nur wenige Male faltete, bis die Höhe des Stapels den Mond erreichte.
Es folgten fesselnde Vorträge von hochkarätigen Referenten, wie Herr Dr. Herrmann aus der Augenklinik Bonn oder Prof. Bolz, Facharzt für Humangenetik, die in brillianter Weise hochkomplexe Erkenntnisse vereinfacht erklären konnten. Neue bildgebende Verfahren, Ergebnisse der genetischen Diagnostik, aktuelle Entwicklungen in der Stammzellforschung oder bahnbrechendes aus der Gentherapie, hatten einen Wissensdurst geweckt, dass sogar mehrmals auf eine Pause verzichtet wurde.
Bei so vielen Neuigkeiten war klar, dass der Gesprächsstoff abends nie ausging und die sommerlichen Temperaturen zu ausgiebigen Gesprächen auf der Terrasse bis tief in die Nacht einluden.
Auch der letzte Tag unseres Seminars war mit vielen Neuigkeiten gefüllt. Neben den Informationen zu wichtigen diagnosespezifischen Internetquellen von Herrn Dr. Kern und den neuesten Erkenntnissen zum Retinaimplantat IRIS der Firma Pixium Vision konnte Frau Bogner, Mitarbeiterin der Firma Retina Implant, den Teilnehmern einen dünnen Strohhalm reichen. Sie berichtete, dass es bereits erste ZSD Patienten gibt, die von der Transkornealen Elektrostimulation profitieren konnten. Da es bis jetzt diesbezüglich keine klinische Studie für ZSD Patienten gab und voraussichtlich auch nicht geben wird, ist jetzt im höchsten Maße die Patientenselbsthilfe gefragt um die Erfahrungen zu bündeln.
Dies wurde auch schnell zum zentralen Thema der Feedbackrunde, die das Schlusslicht des Treffens bildete.
Die vielen Neuigkeiten, persönlichen Gespräche und das offene miteinander, hatten in drei Tagen ein unsichtbares Band der Zusammengehörigkeit wachsen lassen. Alle waren sich einig, dass der Austausch wichtiger denn je ist und sich zukünftig jeder dafür einsetzen sollte.
Mit diesem Antrieb und dem Wissen im Gepäck, dass die Therapieforschung gerade riesige Fortschritte zu verzeichnen hat und eine Behandlung der ZSD immer realistischer wird, war dieses Treffen ein gelungenes Event, aus dem Kraft und Zuversicht gewonnen werden konnte.